Statement zur Kundgebung bezüglich der Abschiebung einer Erlanger Familie

Am 23. Februar wurde eine Familie aus Erlangen nach Armenien abgeschoben. Heute veranstalteten der Unterstützerkreis der Familie und der Ausländer- und Integrationsbeirat eine Kundgebung an der wir uns beteiligt haben. Wir finden es toll, wie schnell Mitschüler*innen und Freund*innen der Familie Unterstützung organisiert haben und wie viele Menschen gezeigt haben, dass ihnen die Unmenschlichkeiten dieses Staates nicht egal ist. Die abgeschobene Familie sind keine abstrakte Nummer in Horst Seehofers Abschiebebilanz, sondern Nachbar*innen, Freund*innen, Mitschüler*innen.

Wir schließen uns den Forderungen auf der Kundgebung an: die Familie muss schnellstmöglich zurück in ihre Heimat – nach Erlangen. Wir gehen in unseren Forderungen aber weiter: Abschiebungen sind unmenschlich und stützen die rassistische Politik Deutschlands und der Festung Europa. Abschiebungen verletzen die Betroffenen in ihren grundlegenden Rechten und ihrer Menschenwürde. Deswegen sind wir gegen jede Abschiebung und auch gegen jede Politik, die versucht Abschiebungen „menschlicher“ zu machen und Menschen in „gute Geflüchtete“ (die bleiben dürfen) und „böse Geflüchtete“ (die ruhig abgeschoben werden können) einzuteilen.

Für uns keine leere Parole, sondern politische Forderung:​​​​​​​
Kein Mensch ist illegal – Bleiberecht überall!

Aufruf zur Kundgebung im Gedenken an die Opfer des rassistischen Anschlags in Hanau

Am 19. Februar 2021 ist der rassistische Anschlag in Hanau ein Jahr her.

Die Gruppe Antithese und die initiative kritisches gedenken organisieren eine Kundgebung im Gedenken an Ferhat Unvar, Hamza Kurtović, Said Nesar Hashemi, Vili Viorel Păun, Mercedes Kierpacz, Kaloyan Velkov, Fatih Saraçoğlu, Sedat Gürbüz und Gökhan Gültekin.

Wir klagen an. Das Versagen der Behörden, der Staatsanwaltschaft und Polizeit vor, während und nach der Tat. Die schleppenden Ermittlungen, das diffamierende Verhalten von Polizei und Behörden gegenüber Angehörigen und Überlebenden, selbst gegenüber den Toten.

Wir fordern eine lückenlose Aufklärung der Tat: Der Mörder in Hanau war kein „verrückter“ Einzeltäter. Diese Erzählung hat den einen großen Zweck: Die deutsche Gesellschaft von Schuld freizusprechen und zu leugnen, dass es überhaupt ein Problem mit rechten Netzwerken gibt; diese Annahme verunmöglicht eine Aufklärung und deckt die Mittäter*innen, anstatt Menschen vor rechter Gewalt zu schützen.

Wir fordern Konsequenzen für den Täter und die juristische Verfolgung aller Mittäter*innen und Mitwisser*innen, denn nur so lassen sich rechte Netzwerke zerschlagen. Wir fordern die Sicherheitsbehörden dazu auf, endlich konsequent gegen Rechtsextreme in den eigenen Reihen vorzugehen. Nazis raus aus Polizei, Behörden und den Parlamenten!

Diese Tat ist nicht isoliert zu betrachten. Seit 1945 zeigen sich Kontinuitäten rechten Terrors in der BRD. Der rassistische Brandanschlag in der Hamburger Halskestraße, der antisemitische Doppelmord in Erlangen und das Oktoberfestattentat in München 1980, die Anschlagsserie des NSU, der Anschlag in Halle oder die Ermordung Walter Lübckes. In allen Fällen, versuchte der Staatsapparat bis zur Unausweichlichkeit, das rechte Motiv der Anschläge zu leugnen, ermittelte im Umfeld der Opfer, diffamierte Angehörige und die Toten selbst. Unverzeihliche Fehler und institutioneller Rassismus prägen bis heute die polizeiliche Arbeit. Der Unwillen der Behörden, die Netzwerke und Hintermänner der Täter*innen aufzudecken, stehen nicht nur der Aufklärung im Weg und verunmöglichen Konsequenzen für Mittäter, sondern gefährdet weitere Menschenleben.

Wir klagen gemeinsam mit der Initiative 19. Februar in Hanau an und fordern Taten statt Worte: Erinnerung, Gerechtigkeit, Aufklärung, Konsequenzen!

19.02.2021 // 16.30 Uhr // Schlossplatz Erlangen

Kommt zahlreich und schließt euch dem Gedenken und dem Protest an. Tragt Mund-und-Nasenschutz und haltet den Mindestabstand von 1,5 Metern ein.

ZeroCovid statt Querdenken

Statement zum 17.01.21 in Erlangen 
 
Nachdem bereits in Nürnberg und Fürth mehrere Kundgebungen der Corona-Leugner*innen verboten wurden, versammelte sich der Mob heute um 17:30 Uhr am Erlanger Schlossplatz und versuchte dort eine Kundgebung anzumelden. Die mehr als 200 Querdenker*innen setzten sich aus dem typischen Millieu von Ü-50 Männern mit Cowboyhut, Frauen mit Pelzmantel, Hippies, Esos vereinzelten Hools (Dynamo Dresden) und natürlich dem Cop a.D. Karl Hilz zusammen. Nachdem die Polizei die Kundgebung schließlich untersagte, löste sich die Versammlung nach der zweiten Durchsage zögerlich und ohne viel Zutun der Cops scheinbar auf. Tatsächlich zogen sie jedoch in größeren Gruppen durch die Innenstadt – natürlich ohne Mund-Nasen-Schutz und Abstand – dafür die Nationalhymne singend. Die Polizei war mit der Situation mal wieder sichtlich überfordert. Zwar versuchte sie immer wieder Wege zu versperren und auch ein paar Personalien (u.a. von Hilz) wurden festgestellt, aber ein konsequentes Vorgehen sieht anders aus.
 
Die Querdenkenbewegung stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit dar, worauf antifaschistische Gruppen bereits früh aufmerksam gemacht haben. Spätestens nach der Eskalation Ende August in Berlin und im November in Leipzig muss auch den Letzten klar geworden sein, dass es sich hierbei um ein Amalgam aus Antisemit*innen, Esoteriker*innen, Protofaschist*innen oder eben schlicht die sogenannte Mitte der Gesellschaft handelt. Die Polizei, sei es in Berlin, Frankfurt/M., Leipzig, Nürnberg oder Erlangen greift dagegen nur zögerlich ein, obwohl wir alle Wissen, dass sie anders könnten.
 
Die völkische Querdenkenbewegung will sich dem kapitalistischen Normalvollzug unterwerfen, mit dem Ziel der Freiheit, andere Gefährden zu dürfen. Dabei ist ein Hinterfragen der aktuellen Coronabeschränkungen tatsächlich notwendig, da sich das Virus nicht nur in der Freizeit, sondern selbstverständlich auch während der Lohnarbeit ausbreitet. Die aktuellen Infektions- und Todeszahlen lassen leider keinen anderen Ausweg als einen konsequenten Shutdown, der über die Grenzen des Nationalstaats hinaus, solidarisch sein muss und niemanden zurücklässt. Daher schließen wir uns den Forderungen der #ZeroCovid Kampagne an.
 
Corona ist das Virus – Kapitalismus ist die Krankheit

Hintergrundinfos: 21-Jähriger Neo-Nazi aus der Burschenschaft Frankonia wegen Waffenbesitzes zu Bewährung verurteilt

(Dieser Beitrag erschien auch auf de.indymedia.org und enthält dort weitere Bilder: https://de.indymedia.org/node/127369)

Der 21-jährige Neonazi Adrian M. wurde zu Jugendarrest von 1 Jahr verurteilt, ausgesetzt auf 4 Jahre Bewährung. Grund waren das Online-Zurschaustellen und Zum-Verkauf-Bieten von Nazi-Devotionalien, sowie der Besitz von Waffen. Adrian M. gehört zur rechtsextremen Burschenschaft Frankonia Erlangen und ist bestens vernetzt mit alten und neuen Rechten aus dem gesamten Bundesgebiet.

Ein 21-jähriger Student aus Hersbruck wurde letzten Mittwoch vor dem Schöffengericht in Erlangen verurteilt, da er online Nazi-Devotionalien präsentiert und teilweise auch zum Verkauf angeboten hat. Die betreffenden Gegenstände hatte er in Teilen mit einem Metalldetektor gefunden und ausgegraben. Darüber hinaus besaß er mehrere Waffen und Waffenteile, die er ebenfalls gefunden habe. Das Gericht folgte der Erzählung des Angeklagten, dass der Großteil davon so stark verrostet und kaputt sei, dass es sich nur noch um „einen Haufen Schrott“ handeln würde. Die Funktionsfähgkeit einer halbautomatischen Pistole und eines Gewehrs seien jedoch wieder herzustellen gewesen. Vor Gericht erklärte der 21-jährige, der in Erlangen in einer Wohngemeinschaft lebt, sein Instagram Profil sei „kein Naziforum“, er wolle „den Nationalsozialismus und den Krieg nicht glorifizieren“. Schließlich wurde er nach Jugendstrafrecht zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr, ausgesetzt zu 4 Jahren Bewährung verurteilt. Zusätzlich muss er 150 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten.

Soweit der Bericht der Erlanger Nachrichten [1], soweit so gut? Fast. Recherchen lokaler Antifaschist*innen zeichnen ein anderes Bild. Adrian M. ist tief verwurzelt in der Erlanger und bundesweiten Naziszene. „Die Wohngemeinschaft“, in der er in Erlangen lebt, ist die vom Verfassungsschutz als rechtsextrem beobachtete Burschenschaft Frankonia. Sein Anwalt Frank Miksch ist selbst „alter Herr“ der Frankonia und seit Jahren als Neonazi-Szeneanwalt bekannt. Adrian M. ist kein Junge, der zufällig ein paar Hakenkreuze und Waffenteile im Wald findet, sondern ein organisierter Neo-Nazi.

Bereits in der Schule hatte er einen „Naziruf, der nicht ganz unverdient war“ [2, 3], so seine eigene Aussage in einem Forum. Während seiner Schulzeit lernte er Konrad Scheucher kennen, einen Wehrmachts-Panzerfahrer, den er mindestens seit 2017 regelmäßig besuchte. Schließlich machte er sich daran die Memoiren Scheuchers aufzuschreiben und als Buch zu veröffentlichen. Dabei folgte er wohl einer Überzeugung, die er am 26.05.2020 in einer Instagram-Story ausdrückte: „Opa erzählen lassen – staatlich propagandierten Schuldkult beenden !!!“. Zusammen mit Scheucher war er auf Einladung des Neonazis Martin Gärtlein am 13.04.2019 zu Gast beim geschichtsrevisionistischen „Verein Gedächtnisstätte“ in Guthmannshausen, der 1992 u.a. von der mehrfach verurteilten Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck gegründet wurde. Vor 160 Teilnehmenden konnten Scheucher und M. – beide gekleidet in Wehrmachtsuniform, dem historischen Vorbild von Scheuchers Division nachempfunden – ihr faschistisches Gedankengut verbreiten. Im Anschluss folgte ein  Auftritt von Frank Rennicke, einem bekannten Neonazi-Liedermacher. Im Juni des gleichen Jahres nahmen die beiden – in ihren Wehrmachtsuniformen – an Gedenkveranstaltungen anlässlich des 75. Jahrestags des sog. „D-Days“ in der Normandie teil. Von dort postete er eine Insta-Story, die ihn auf einem Panzer sitzend mit der Caption „Michael Wittmann 2.0“ zeigt. Wittmann, in dessen Tradition M. sich hier gerne stellen möchte, war ein deutscher SS-Hauptsturmführer und gilt als einer der „erfolgreichsten“ Panzerkommandanten des zweiten Weltkriegs.
Der Tod Scheuchers Anfang März 2020 veranlasste M. in einer Insta-Story zu versprechen: „Deine Leistungen und Ideale werde ich immer verteidigen“.
Damit hörte M.s unermüdliches Engagement, alte Nazis geschichtrevisionistischen Blödsinn erzählen zu lassen, aber leider nicht auf. Im Mai 2020 erschien ein neues Buch von ihm, das die Memoiren eines Wehrmacht-Kampfschwimmers enthält. Seinen Buchverlag bezeichnete er in einem Chat mit Kameraden übrigens offen als „Nazi-Buchverlag“.

 

Auch seine berufliche Karriere lässt seinen Fanatismus für Waffen und Militarismus erkennen: Im Rahmen seines Ingenieurstudiums an der FAU machte er im Frühjahr 2019 ein Praktikum bei einer „Sicherheitsfirma in Nürnberg“ und hatte darüber Zugang zu einer Waffen- und Sicherheitsmesse, wo er mit Scharfschützengewehr und Maschinenpistolen posierte.

 

Aber M. schreibt nicht nur Bücher und sucht Waffen im Wald, er ist auch bestens vernetzt mit Rechtextremenen in der gesamten Bundesrepublik. Mit Albrecht Diederichs, einem jungen Neonazi aus Northeim [4] verbrachte er bereits zwei Sommerurlaube in Norwegen. Auch mit dem Rest der gewaltbereiten Northeimer Nazi-Clique [5] versteht er sich bestens. Sowohl bei einem Trip nach Norwegen als auch bei einem Besuch in Northeim wurde er von Mit-Frankone und Erlanger AfD-Stadtratskandidat Philipp C. begleitet. Über diese Nazi-Clique kommt vermutlich auch der Kontakt zu I. Heise zustande, mit der M. gut befreundet ist. I. Heise ist Tochter des militanten Neonazis Thorsten Heise, der sich im engen Umfeld des NSU bewegte.
Eine weitere Verbindung gibt es zu Luis Hill, dem Vorsitzenden der JA Ostbayern, mit dem er sich gemeinsam mit Philipp C. in der Nähe von Schloss Neuschwanstein traf.
Naturgemäß gibt es gute Kontakte zu Marcus M. (ein Aktivist der Jungen Alternative Nürnberg/Fürth, bzw. der JA Bayern) und seiner Partnerin Lydia v. W. (im Bundesvorstand der JA), sowie zu (ex-)IB Kader Robert Timm: Marcus M. ist ebenfalls Mitglied der Burschenschaft Frankonia, Timm wohnt im Haus der Burschenschaft.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Adrian M. ist ein organisierter Neo-Nazi, ein Geschichtsrevisionist und ein Bewunderer des historischen Nationalsozialismus. Er ist bestens vernetzt, sowohl mit dem parlamentarischen Arm der aktuellen extremen Rechten, wie auch mit militanten Neonazis.
Und er hatte Waffen Zuhause. Nicht unmittelbar funktionstüchtig, aber funktionstüchtig machbar mit etwas Arbeit und frei verkäuflichen Teilen. Das technische Geschick dazu hätte er.
Adrian M. ist kein Junge, der zufällig ein paar verrostete Waffen und Hakenkreuze im Wald findet.
Adrian M. und seine Waffen sind brandgefährlich und ein Skandal.

[1] https://www.nordbayern.de/region/erlangen/nazisymbole-online-gezeigt-her…
[2] https://web.archive.org/web/20201222174030/https://www.militaria-fundfor… (siehe Nutzer „nürnberg“)
[3] https://web.archive.org/web/20201222174300/https://www.militaria-fundfor… (siehe Nutzer „nürnberg“)
[4] https://www.hna.de/lokales/goettingen/goettingen-ort28741/pastor-relativ…
[5] https://ausgetobt.blackblogs.org/die-goettinger-naziclique-teil-3/

Aufruf zur Kundgebung am 15.11.20: Solidarität statt Verschwörungsideologie und rechte Hetze

Am Sonntag, den 15.11.2020 will in Erlangen der Nürnberger Ableger des Bündnisses „Querdenken“ auf die Straße gehen. Nicht erst seit den Ausschreitungen in Leipzig ist für uns klar, dass wir uns dem eindeutig und unmissverständlich entgegenstellen müssen.
Im Sammelbecken der „Querdenken“-Bewegung oder der selbsternannten „Corona-Rebellen“ tummeln sich seit Beginn der Pandemie Esoteriker*innen, Nazis, Impfgegner*innen und reaktionäre Kräfte aller Couleur.
Auch Erlangen ist nicht frei von solchen Schwurbler*innen. Seit mehreren Monaten versammeln sich auch hier regelmäßig die selbsternannten „Coronarebellen“, um ihre von antisemitischer Ideologie durchdrungene Welterklärung zu verbreiten. Was als versprengtes Häuflein begann, ist inzwischen gut vernetzt zu Rechten in der ganzen Region. Was einst ein verstrahlter Singkreis war, ist mittlerweile zur AfD-Wahlkampfveranstaltung mutiert.
Lasst uns gemeinsam Verschwörungsphantast*innen isolieren und ihr Gedankengut eindämmen. Lasst uns entschieden gegen Schwurbler*innen, Antisemit*innen und Rechte vorgehen und ihnen die Öffentlichkeit streitig machen, die ihnen nie zustand.
Solidarität statt Verschwörungsideologie und rechte Umtriebe!
Querdenken durchimpfen!
Evtl. wird der Kundgebungsort kurzfristig geändert, achtet daher auf Ankündigung auf unseren Social-Media-Kanälen. Uns ist wichtig, dass auf der Kundgebung Schutzmaßnahmen zu einer Minimierung der Infektionsgefahr eingehalten werden.
Bringt daher einen MNS mit und haltet Abstand.
Achtet auf euch und Andere.
 
Die Kundgebung findet am Sonntag, 15.11.20 von 14:30 – 17:30 am nördlichen Teil der Grünfläche am Röthelheimpark statt. Bitte kommt aus Richtung George-Marshall-Platz auf die Kundgebung.

Kundgebung am 06.06.2020: Polizei – kein Freund und Helfer!

Gestern demonstrierten in Erlangen auf Einladung des Antifa-Cafés rund 400 Personen gegen Rassismus und Polizeigewalt. Unter dem Motto „Black Lives Matter“ solidarisierten sie sich mit den globalen antirassistischen Protesten. In unserem Redebeitrag kritisierten wir rassistische Kontinuitäten von Staat und Polizei weltweit. Außerdem verlasen wir die Namen und die Todesumstände von Opfern rassistischer Polizeigewalt in Deutschland.

Meistens ist der Tod von Menschen, die Opfer von Polizist*innen wurden keine drei Sätze wert. Sie bleiben Randnotiz ohne medialen Widerhall. Denn in den meisten Fällen gibt es kein Video, das die Gewalt dokumentiert. Der rassistische Mord an George Floyd durch Polizeibeamten wurde durch Zeug*innen aufgenommen und der Welt schonungslos im Internet offengelegt. Dass daraufhin vier Polizisten entlassen, einer von ihnen wegen Totschlags angeklagt wurde und tausende Demonstrant*innen in der Großstadt im Bundesstaat Minnesota gegen exzessive Polizeigewalt protestieren, ist vor allem dem Videobeweis zu verdanken. Es war nicht der erste rassistische Mord der amerikanischen Polizei, es war nicht einmal der erste in diesem Jahr und nicht der letzte seitdem. 
Rassistische Gewalt durch die Polizei ist eine der Haupttodesursachen schwarzer junger Männer in den USA. George Floyd ist ein Name in einer langen Liste schwarzer Menschen, die durch Polizist*innen in den USA getötet worden sind und erinnert an den Tod von Sandra Bland, Mike Brown, Eric Garner, Freddie Gray, Aiyana Jones, Tamir Rice, Alton Sterling und unzähliger anderer. Namen von Menschen, die zu Symbolen rassistischer Polizeibrutalität geworden sind.Durch den Mord an George Floyd wurden wir wieder daran erinnert, dass rassistische Gewalt eine tödliche Gefahr ist. Rassistische Strukturen in der Polizei töten, immer wieder. Sie konsequent aufzubrechen ist mehr als wichtig, für viele ist es sogar überlebensnotwendig.
Die Proteste in US-amerikanischen Städten zeigen die Enttäuschung und die Verzweiflung, die Schwarzen angesichts des institutionellen und strukturellen Rassismus fühlen. 
 
Wir sollten uns allerdings nicht täuschen und denken, dies wäre allein ein US-amerikanisches Problem. Rassismus und Polizeigewalt gegen Schwarze sind auch hier allgegenwärtig. Auch in Deutschland gehört rassistisches Polizeihandeln zum Alltag von BPoC und führt zum Tod von Menschen.
 
Für die meisten erscheint die Polizei zwar nicht immer als Freund, aber wenigstens als Helfer, als wichtiger Ansprechpartner für die Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung. Die Meistenkönnen sich mit deren Perspektive identifizieren. Vor allem weil sich diese Mehrheit in der Welt, die sie schützt, zu Hause fühlen (suggeriert, dass sich Personen, die nicht in diese Mehrheit einbegriffen sind,sich nicht zu Hause fühlen?). Neben dieser Mehrheitsperspektive gibt es jedoch eine Minderheitenperspektive, eine Perspektive von Menschen, die andere Erfahrungen mit der Polizei machen und für die Polizeikontakte zum alltäglichen Leben gehören. Tötungen sind nur die extremsten Beispiele alltäglicher Diskriminierungen. Wer wird im Zug nach dem Ausweis gefragt oder im Bahnhof an die Wand gestellt? Insbesondere Menschen of colour werden häufiger als Weiße angehalten, kontrolliert, beleidigt oder schikaniert. Aber auch andere Gruppen erleben die Polizei im besten Fall als lästig, im schlimmsten Fall als Gefahr fürs Leben. Arme Menschen, Wohnungslose, Drogennutzer*innen, Sexarbeiter*innen, Geflüchtete. Diese Perspektive schafft es oft nicht in die Öffentlichkeit. Der Normalzustand der Einen ist der alltägliche Ausnahmezustand der Anderen und die Polizei nicht Teil der Lösung von Gewalt sondern Teil des Problems.
Polizist*innen werden nur selten für ihre Taten zur Rechenschaft gezogen. Die wenigsten Strafanzeigen gegen Polizist*innen führen zu einem Verfahren und fast nie zur Verurteilung der Beschuldigten. Meistens kommt nur wenig heraus, wenn Beamt*innen gegen Kolleg*innen ermitteln. Laut der Untersuchung von Professor Tobias Singelnstein kommen nur 2% der Strafverfahren gegen Polizisten*innen vor Gericht. Somit handelt es sich um gewalttätigen Rassismus, der institutionell gedeckt ist.

 

Solange in dieser Gesellschaft einige Leben weniger als andere zählen, werden wir auf die Straße gehen. Wir schicken solidarische Grüße an unsere Genoss*innen und Freund*innen auf den Straßen amerikanischer Städte, die der entsicherten Staatsmacht praktische Solidarität entgegensetzen!
From Germany to Minneapolis: Fight the Police! Solidarity beyond borders! Black lives matter!

 


 
 
Das Folgende soll ein Zusammentragen von Opfern rassistischer Polizeigewalt in Deutschland sein. Die Liste ist und wird immer unvollständig sein.
 
Achidi John: Gestorben am 12.12.2001 in Hamburg an zwangsweiser Verabreichung von Brechmittel, in Kombination mit einem Herzfehler und vorheriger Einnahme von Kokain. Das Brechmittel wurde durch die Rechtsmedizin auf Anweisung der Polizei verabreicht. Die Verantwortlichen wurden nie strafrechtlich belangt.
 
Amad Ahmad: Gestorben am 28.9.2018 durch Brand in JVA Kleve, in der er unrechtmäßig festgehalten wurde. Der junge Kurde sei aufgrund einer Namensverwechslung für einen gesuchten Straftäter gehalten worden. Laut Behördenaussagen handelt es sich um Selbstmord. Recherchen von Monitor und Westpol werfen Fragen auf, die Datensätze, die zur Verhaftung von Amad Ahmad führten, waren offenbar nachträglich gezielt manipuliert worden. Die Polizeibeamti*innen wurden wegen Freiheitsberaubung angzeigt. Die Ermittlungen wurden ohne Urteil eingestellt.
 
Christy Schwundeck: Am 19.05.2011 in einem Jobcenter in Frankfurt am Main von einer Polizistin erschossen. Die 40-Jährige hatte zuvor erfolglos von ihrem Sachbearbeiter Geld gefordert, weil sie seit Tagen kein Bargeld mehr hatte. Als die Polizei eintrifft, verletzt Schwundeck einen Beamten mit einem Messer und wird daraufhin von einer Beamtin erschossen. Gegen die Schützin wird nie Anklage erhoben, die Staatsanwaltschaft hält ihre Schüsse für Notwehr.
 
William Tonou-Mbobda: Gestorben im April 2019 im Universitätsklinikum Hamburg. Er hatte sich dort freiwillig in psychiatrische Behandlung begeben. Unter bislang nicht geklärten Umständen wurde er dort im Außenbereich von Sicherheitspersonal zu Boden gebracht und fixiert. Bei dieser Zwangsmaßnahme kollabierte der Mann und verstab fünf Tage später.
 
Rooble Muse Warsame: Gestorben im Februar 2019 in Schweinfurt. Er war in Polizeigewahrsam. Die Umstände sind unklar.
 
Laye-Alama Condé: Gestorben an Silvester 2004 in Bremen. Wegen des Verdachts auf Drogenhandel wurden ihm Brechmittel verabreicht, woraufhin er verstarb. Die Anklage wegen Körperverletzung mit Todesfolge gegen den behandelnden Arzt wurde 2013 final eingestellt. Der Arzt hat Condés Mutter 20.000 Euro als Entschädigung überwiesen.
 
Oury Jalloh: Gestorben am 7. Januar 2005 in einer Polzeizelle in Dessau. Die Beamten in der Polizeidienststelle behaupten, er habe seine Matratze angezündet und sei dann im Feuer umgekommen. Die Ermittler, die den Ort des Todes untersuchen, finden kein Feuerzeug. Zwei Tage später taucht plötzlich eins auf. Die Faserspuren am Feuerzeug sind allerdings andere als die der Matratze und der Kleidung des Mannes. Der Mann, der sich selbst angezündet haben soll, war mit Handschellen gefesselt.
 
Ousman Sey: Am Morgen des 7. Juli 2012 starb der aus Gambia stammende Ousman Sey im Dortmunder Polizeigewahrsam. Zuvor hatte Sey zwei Mal vergebens einen Krankenwagen gerufen, weil er sich schlecht gefühlt hatte. Nach dem ersten Eintreffen diagnostizierten die Rettungskräfte ein Herzrasen und attestierten ihm, noch kein Fall für das Krankenhaus zu sein. Als Sey eine halbe Stunde später erneut einen Krankenwagen rief, litt er Angaben seines Bruders zufolge bereits unter Krampfanfällen. Außerdem begann er angeblich, in seiner Wohnung zu „randalieren“, weshalb Einsatzkräfte der Polizei gleichzeitig mit den Rettungskräften eintrafen. Diese attestierten Sey erneut, nicht ins Krankenhaus zu müssen – eine Untersuchung durch den Polizeiarzt im Gewahrsam reiche aus. Dies geschah, obwohl eine im selben Haus wohnende Krankenschwester den Einsatzkräften klarzumachen versuchte, dass Ousman Sey dringend ins Krankenhaus gebracht werden müsse.  In Polizeigewahrsam angekommen, brach Ousman Sey jedoch sofort zusammen und starb laut Angaben der Behörden kurze Zeit später im Krankenhaus an einem Atemstillstand.
 
Hussam Fadl: Im September 2016 in einer Geflüchtetenunterkunft von Polizisten von hinten erschossen, da er laut ihrer Aussage mit einem Messer auf eine andere Person zulief. Mehrere Zeugen verneinen diese Aussge, unter ihnen Polizisten. Ein Messer wurde dennoch bei ihm gefunden, von dem Polizisten, der den tödlichen Schuss abfeuerte. Auf diesem Messer fanden sich jedoch weder DNA-Spuren noch Fingerabdrücke des Opfers. Das Verfahren gegen die Polizisten wurde zuerst eingestellt, Hauptbeweisstück im Prozess war eben jenes Messer. Erst auf Zutun des Anwalts der Witwe wird das Verfahren neu aufgerollt und liegt seitdem unter Verschluss der Öffentlichkeit bei der Staatsanwaltschaft. 
 
N’Deye Mareame Sarr: Am 14. Juli 2000 im Haus ihres Ex-Mannes in Aschaffenburg von einem Polizisten erschossen.
 
Dominique Koumadio: Nach einem Streit mit einem Kioskbesitzer wurde Kouamayo von der Polizei vor diesem Kiosk erschossen.
 
Yaya JabbieYaya Jabbi wurde am 14.1.2016 von der Hamburger Polizei festgenommen. Dabei wurde ihm zu Last gelegt, 1,65g Cannabis bei sich zu führen. Obwohl diese Menge weit unter der Eigenbedarfsgrenze von 6g liegt, wurde Jabbi in Untersuchungshaft gesteckt. Nach über einem Monat in U-Haft beging er in der Nacht vom 18. auf den 19. Februar Suizid.
 
Halim DenerHalim Dener kam mit 16 als kurdischer Flüchtling aus der Türkei nach Deutschland. Am späten Abend des 29.06.1994 war Dener mit anderen kurdischen Aktivisten dabei Plakate einer PKK-nahen Organisation zu kleben, als die Polizei auf sie aufmerksam wurde. Während der folgenden Handgreiflichkeiten erschoss ein Zivilpolizist Halim Dener. Der Polizist wurde schließlich vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung frei gesprochen.
 
Matiullah J.Am 13. April 2018 wurde der 19-jährige Matiullah J. in Fulda vor dem Flüchtlingscamp, in dem er wohnte, von der Polizei erschossen. Fünf Polizisten soll es nicht möglich gewesen sein, einen randalierenden Jugendlichen festzunehmen, ohne ihn dabei zu töten. Angeblich aus Notwehr wurden 12 Schüsse aus nur einer Waffe abgegeben. Vier Schüsse trafen Matiullah, zwei waren tödlich.

 

 

Keine Zusammenarbeit mit der AfD

 
 
Am Donnerstag fand die konstituierende Sitzung des Erlanger Stadtrates statt und damit ist nun die AfD dort mit zwei Sitzen vertreten. Um auf dieses einschneidende Ereignis aufmerksam zu machen meldete das Aktionsbündnis „Gedenken gestalten, HuPfla erhalten“ eine Kundgebung an, so konnten etwa 100 Menschen mobilisiert werden, die unter Wahrung der Hygieneregelungen und trotz eines martialischen Polizeiaufgebots entschlossen ein Zeichen gegen die AfD und ihre menschenfeindliche Politik setzen konnten. Pöbler, die versuchten die Kundgebung zu stören, wurden ebenso ausgegrenzt und ignoriert, wie wir uns wünschen, dass die AfD im Erlanger Stadtrat ausgegrenzt und ignoriert wird.
 
In einem Redebeitrag haben wir als Gruppe Antithese auf den Antisemitismus, der von selbsternannten „Corona-Rebellen“ ausgeht, hingewiesen und thematisiert, wie dieser durch die AfD in die Stadträte und Parlamente getragen wird. Wir fordern eine echte Kritik an den Zuständen, mit und ohne Corona, denn nur aus ihr kann eine solidarische Gesellschaft entspringen:
„Mit der AfD ziehen politische Positionen in den Erlanger Stadtrat ein, die gerade deutschlandweit und auch in Erlangen an Zulauf und medialem Echo gewinnen. Wir meinen Corona-Verschwörungstheorien aller Couleur. Sie haben nichts mit echter Kritik an dem kapitalistischen und patriarchalen System zu tun. Sie sind eine von der AfD auf Bundesebene gebilligte Zusammenkunft von Verschwörungsphantasten, Impfgegner*innen und anderen Spinnern. Sie sind brandgefährlich.“
Wir fordern eine solidarische Gesellschaft, die alle einschließt. Damit blicken wir explizit an die Außengrenzen der EU, wo in den Lagern auf der griechischen Insel Lesbos tausende Geflüchtete der Abschottungspolitik Europas und Deutschlands, sowie dem COVID-19 Virus, schutzlos ausgeliefert sind.
„Wenn wir unseren Blick über Erlangen hinaus weiten, an die Außengrenzen der EU, in die Lager auf den griechischen Inseln oder die Zustände im zentralen Mittelmeer, wird klar, dass endlich gehandelt werden muss. Die viel beschworene Solidarität in diesen Zeiten ist eine Farce, ein Schlag ins Gesicht derer, die an den Außengrenzen der EU einst Hoffnung auf ein besseres Leben schöpften. Mit der AfD im Erlanger Stadtrat wird es noch schwerer werden jenen zu helfen, die auf unsere Hilfe, auf einen sicheren Hafen angewiesen sind.“
 
Wir werden die Politik der AfD in Erlangen im Auge behalten und ihr den Raum streitig machen, der ihr nie zustand. In den Parlamenten, auf der Straße und wo auch immer wir sie antreffen.

Verschwörungsideologen sind keine harmlosen Spinner – der Pandemie solidarisch entgegen treten!

Gestern rief die Kampagne Erlangen Packt An zu einer Kundgebung unter dem Motto #leaveNoOneBehind auf. Auf dem Erlanger Schlossplatz wurde der Umgang der europäischen Staaten mit Geflüchteten an den Außengrenzen der EU lautstark  kritisiert und stattdessen eine solidarische Antwort auf die Corona-Krise gefordert.

Corona trifft uns alle; aber nicht alle gleichermaßen. Unser aller Alltag hat sich verändert,
soziale Kontakte werden eingeschränkt und kulturelle Veranstaltungen abgesagt. Diese Maßnahmen sind sinnvoll und im Geiste eines solidarischen Zusammenlebens von uns allen, nach unseren Kapazitäten gefordert. Doch eben diese Maßnahmen werden dadurch untergraben, dass unzählige Menschen weiter zur Arbeit gehen müssen, nur um die Wirtschaft weiter brummen zu lassen. Das ergibt, außerhalb einer kapitalistischen Logik, keinen Sinn. Widersprüche im Kapitalismus werden deutlicher, die Brüche, die vor der Pandemie vielleicht weniger sichtbar waren, brechen nun vollends auf.
Doch das ist nur ein Bruchteil dessen, was im Umgang mit der sogenannten Krise falsch läuft. Die Forderung, dass Menschen zuhause bleiben sollen, setzt natürlich voraus, dass man ein Zuhause hat. Menschen ohne festen Wohnsitz, bereits zuvor von der Gesellschaft ausgeschlossen, haben keine Möglichkeit, sich gegen die Krankheit zu schützen. Das Problem ist ein Strukturelles.
Blickt man nun an die Außengrenzen der EU, in die Lager auf den griechischen Inseln oder die Zustände im zentralen Mittelmeer, erreichen diese Missstände eine lebensgefährliche Ebene. Die dort herrschenden katastrophalen Zustände, die schon vor der starken Verbreitung des Virus von der EU und Deutschland provoziert und billigend in Kauf genommen wurden, spitzen sich nun weiter zu. Anstatt nach wirklichen Evakuierungsstrategien zu suchen und die Menschen in Sicherheit zu bringen, brüsten sich Deutschland und weitere EU-Staaten weiter damit, eine handvoll Kinder aufgenommen zu haben, während Tausende in den Lagern ausharren. Die viel geforderte Solidarität in diesen Zeiten ist eine Farce, ein Schlag ins Gesicht derer, die an den Außengrenzen der EU einst Hoffnung auf ein besseres Leben schöpften.
Es gibt jede Menge zu kritisieren am Umgang mit der aktuellen Situation. Die Kritik an kapitalistischen Widersprüchen, dem Vergessen der aus-der-Gesellschaft-Ausgeschlossenen und am desaströsen und menschenverachtenden Umgang mit den Menschen auf Lesbos muss geäußert werden. Laut, konsequent und unmissverständlich, wie das gestern in Erlangen passierte.

Doch Zulauf findet zurzeit vor allem Protest, der mit echter Kritik rein gar nichts zu tun hat, auch wenn er sich gerne besonders kritisch gibt.

Unter dem Deckmantel der Wahrung der Grundrechte trugen gestern Verschwörungsfantasten auf dem Rathausplatz in Erlangen und in ganz Deutschland ihre Ideologien auf die Straße. Sie üben sich im Zusammenkonstruieren kruder Erklärungsversuche der aktuellen Situation, denen hier gar nicht zu viel Raum gegeben werden soll. Sie werden von den Vorsängern der Verschwörungsideologen, deren Videos Klickzahlen in Millionenhöhe einfahren, sowieso schon viel zu weit verbreitet. Kurz zusammen fassen lassen sie sich sowieso alle mit „Es gibt da einen geheimen Plan, um die Bevölkerung unter Kontrolle zu bringen – mittels angeblich hochgefährlichen Impfstoffen, 5G Netzwerken oder Microchips“. Auch Reichsbürgerthesen oder die vollends abstruse QAnon Verschwörungstheorie tauchen in diesem Umfeld auf und werden in den Telegram-Gruppen der sog. „Corona Rebellen“ kritiklos weiterverbreitet.
Man könnte diese Theorien als psychotische Wahnvorstellungen dringend hilfebedürftiger Menschen abtun; oder als harmlose Spinnerei; absurde Fantasien; Quatsch, den eh niemand ernst nimmt. Aber das wäre zu kurz gegriffen.
Diese Ideologie ist hochgefährlich. Sie bedient klassisch antisemitische Feindbilder einer heraufbeschworenen strippenziehenden Elite, die für das gesamte Unglück unserer Zeit verantwortlich sei.
Wenn man dann nur endlich diese verschwörerische Elite und ihre gekauften Politiker*innen loswürde, dann wäre hier endlich Friede, Freude, Eierkuchen.
Diese Vorstellung ist zum einen eine sehr naive Erklärung unserer Gesellschaft. Statt die wirklichen, strukturellen Widersprüche der kapitalistischen Produktionsweise zu kritisieren werden diese Widersprüche überdeckt von der Suche nach dem einen Sündenbock. Zum anderen hat diese Vorstellung nur eine Konsequenz: das Pogrom, die Gewalt gegen die vermeintlich Schuldigen.
Traditionellerweise werden „Die Juden“ als diese Schuldigen identifiziert und in der Shoa wurde diese letzte Konsequenz der antisemitischen Verschwörungsideologie grausame Wirklichkeit.
Solidarisches Miteinander auch, und gerade, in Zeiten von Corona heißt deshalb eben auch, immer wieder gemeinsam gegen Verschwörungsfantasien zu kämpfen, nun eben in ihrer neuesten Ausprägung, den selbst-ernannten Corona Rebellen. Der Umgang mit der Krise muss kritisch begleitet werden, um zu verhindern, dass die von der Gesellschaft marginalisierten Gruppen (Geflüchtete, Wohnungslose, psychisch Kranke, um nur ein paar Beispiele zu nennen) die Hauptlast der Krise tragen müssen. Nur so können wir eine wirkliche Solidarität erreichen – nur so können wir wirklich solidarisch sein. Nur kann und darf das niemals in einer Querfront mit Rechten und Verschwörungsideologen passieren.

Gegen JEDEN Antisemitismus – auch und gerade in vermeintlich linken oder alternativen Zusammenhängen!
Solidarität mit den Geflüchteten – an den Außengrenzen der EU und überall!
Leave no one behind!

Rede zum Tag der Befreiung

Liebe Genoss*innen,

wir feiern heute zusammen den Tag der Befreiung der Welt von der deutschen Barbarei und den Beginn der Entnazifizierung vor 75 Jahren. Trotz der offensichtlich ausweglosen Situation NS-Deutschlands gegen Ende des Krieges, wollten die nationalsozialistischen Machthaber den Krieg bis zum bitteren Ende fortführen. Die Bevölkerung Deutschlands machte willig mit. Dem deutschen Faschismus und diesem Wahnsinn konnte am 8. Mai 1945 durch den Sieg der Allierten und die bedingungslose Kapitulation der Wehrmacht ein Ende bereitet werden. Das ist ein Grund zu feiern! DANKE! СПАСИБО! THANK YOU! MERCI!

Der Sieg der Alliierten über Deutschland wurde von großen Teilen der deutschen Bevölkerung aber mitnichten als eine Befreiung, sondern vielmehr als eine tiefe Schmach wahrgenommen. Die nationalsozialistische Vergangenheit all der Kader, die die BRD aufbauten, wurde hingenommen und verschwiegen. (Noch) 1970 forderte die CDU/CSU Willy Brandt mit den Worten „Niederlagen feiert man nicht“ auf, dem 8. Mai nicht zu gedenken. Ein Narrativ, welches bis heute in den Äußerungen Gaulands und anderer Nazis fortgeführt wird. In die 1980er Jahren fällt eine wichtige Kehrtwende in der Erinnerungskultur Deutschlands, die bis heute fortwirkt. Unter Richard von Weizsäcker wurde die Niederlage Deutschlands so gewendet, dass nun auch Deutsche von ihr profitieren konnten – denn Sie hätten die Chance bekommen aus der Nazibarbarei zu lernen und wieder gut zu werden. Die Morde an Millionen von Menschen wurden so zum bloßen Instrument der Läuterung der neuen Deutschen.

Beide Bewältigungsmethoden – Verschweigen wie Wiedergutwerdung – hatten und haben einen fortwirkenden Effekt: Die deutsche Gesellschaft musste sich so nie umfassend mit tatsächlichen personellen und ideologioschen Kontinuitäten seit 1945 auseinandersetzen. Dies hatte brutale Konsequenzen: Von der Kapitulation Deutschlands 1945 bis heute zieht sich eine blutige Spur rechten Terrors durch Deutschland, die Organisation Wehrwolf, die Wehrsportgruppe Hoffmann, Mölln, der NSU, Halle, die Morde von Hanau, um nur einige zu nennen. Den Taten ist gemeinsam, dass ihnen auf allen Ebenen unzureichend begegnet wurde und wird. Nie wurden Betroffene und Opfer ernst genommen, nie wurden rechte Strukturen zerschlagen, nie wurden staatliche Verstrickungen und staatliches Versagen aufgearbeitet.

Vor diesem Hintergrund ist klar: Die 1945 begonnene Entnazifizierung Deutschlands ist noch lange nicht abgeschlossen. Rassismus und Antisemitismus, rechte Strukturen haben Kontinuität in Deutschland. Eine neue Zuspitzung dieser Verhältnisse zeigt sich ganz aktuell an den Angriffen auf vier türkische Lebensmittelläden in Waldkraiburg in den letzten elf Tagen.

Der 8. Mai ist ein Tag zum feiern, aber vor allem ein Tag um deutlich zu machen, dass wir diese Zustände nicht hinnehmen dürfen! Schließt euch den Aktionsvorschlägen des Streikbündnis achter Mai „Wir Streiken“ an (https://wirstreiken0805.wordpress.com/aktionen/) !

Wir fordern: Kein Frieden mit Deutschland! Nie wieder Deutschland! Nie wieder Faschismus! Entnazifizierung jetzt!

Unterstützung des offenen Briefs aus der Solidarischen Nachbarschaftshilfe Erlangen

Liebe Genoss*innen,

wir, als Gruppe Antithese, unterstützen den offenen Brief eines Teils der Gründer*innen der „Solidarischen Nachbarschaftshilfe“, der uns Anfang der Woche erreichte.

Offener Brief „Solidarische Nachbarschaftshilfe“ vom 27.4.2020:

An die Stadt Erlangen, Bayern, Deutschland und den Kapitalismus,

wir sind ein Teil der Gründer*innen der „Solidarischen Nachbarschaftshilfe“ in Erlangen. Wie in anderen Städten auch, wurde diese Gruppe zu Beginn der „Corona“-Krise gegründet und besteht nun aus über 180 Personen. Die Mitglieder*innen der Gruppe eint, dass sie etwas tun wollen, andere unterstützen und ihre Hilfe anbieten möchten – auch, wenn es natürlich keine Erfahrung im Umgang mit einer solchen Situation gibt.

Zu dem guten Gefühl helfen zu wollen hat sich aber schnell bei einigen auch ein ungutes Gefühl eingeschlichen: Warum leben wir in einer Gesellschaft in der man Angst haben muss, dass Leute nicht genug zu essen haben, wenn Tafeln schließen? Warum haben immer noch nicht alle Menschen hier ein gutes und schönes Zuhause, in dem sie sich während der Ausgangsbeschränkungen aufhalten können?
Wie kann es sein, dass es nicht genug Intensivbetten/ Schutz-Masken/ Desinfektionsmittel gibt? Warum wird Pflegepersonal, das dazu beiträgt unser Leben zu retten eigentlich immer noch nicht annähernd angemessen entlohnt?
Warum üben Männer immer noch so wahnsinnig viel psychische und physische Gewalt gegenüber Frauen und Kindern aus, misshandeln diese und fühlen sich nicht einmal schlecht dabei – eine Zunahme dieser Gewalt muss in Zeiten von Ausgangsbeschränkungen zwingend erwartet werden!
Warum dürfen wir vertraute Menschen oder die Familie nicht sehen, aber müssen jeden Tag zur Arbeit gehen (auch wenn es an vielen Arbeitsplätzen keinen entsprechenden Ansteckungsschutz gibt und Hygienevorgaben nicht eingehalten werden können)?
Und warum muss es ehrenamtliche, unbezahlte Hilfe geben, um etwas dagegen zu machen, obwohl der Staat und die Kommunen viele Aufgaben übernehmen könnten?

Man könnte diese Liste der Fragen mit Sicherheit unendlich ausbauen. Uns geht es aber darum, Missstände in den Fokus zu rücken, Verantwortungsbereiche und Zuständigkeiten zu benennen und Alternativen und Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen.

Das Grundproblem liegt für uns in einer Gesellschaftsordnung, die von Konkurrenz und Leistungsprinzip geprägt ist und dazu führt, dass der Planet und die auf ihm lebenden Menschen erbarmungslos ausgebeutet werden. Eine Gesellschaftsordnung,  vonwelcher jede*r einzelne in seinen/ihren Taten strukturiert wird.

Seit Krankenhäuser zunehmend ökonomisiert wurden, diese profitorientiert arbeiten müssen und nicht mehr für die allgemeine Gesundheitsfürsorge da sind, ist das Ziel der Krankenhäuser nicht mehr die Gesundheit der Menschen sondern die Wirtschaftlichkeit. Erreichen sie nicht die erwarteten Gewinnmargen, müssen sie schließen.
In Krankenhäusern kann es also kein Personal und keine Infrastruktur geben, die keinen Profit erbringen. Und deswegen gibt es – gewissermaßen logischerweise – für eine nicht-alltägliche Lage, eine Pandemie, nicht genügend Personal und Ausrüstung.

In dem Wissen, dass viele wichtige Kompetenzen bei Bund & Land liegen, fordern wir hier in Erlangen seitens der Stadt, also auf kommunaler Ebene, das, was sie umsetzen kann:

1. Solidarität mit dem Gesundheitspersonal und Erfüllung ihrer Forderungen!

2. Sicherstellung der Versorgung von Menschen, die auf Lebensmittel und Güter der Tafel angewiesen sind. Der Betrieb von Tafeln muss uneingeschränkt (natürlich unter Beachtung der notwendigen „Sicherheitsvorgaben“) funktionieren.

3. Sofortige Einrichtung von ansteckungssicheren Wasch- und Duschmöglichkeiten, warmen Aufenthalts- und Übernachtungsorten und Versorgungsstationen für Wohnungs- und Obdachlose (z.B. leere Hotels).

4. Sofortige dezentrale Unterbringung von Geflüchteten: Gemeinschaftsunterkünfte müssen geschlossen werden. Wir begrüßen den Antrag der Erlanger Linken.

5. Sofortige finanzielle, unbürokratische und bedingungslose Unterstützung von den Menschen, die besonders von den aktuellen Einschränkungen betroffen sind und deren Existenz nicht mehr gesichert ist.

6. Stadt Erlangen als sicherer Hafen: Der Bekundung müssen Taten folgen. Die Stadt muss sich für die Aufnahme von Geflüchteten von den europäischen Außengrenzen einsetzen (z.B. aus Moria/Lesbos oder den Schiffen Alan Kurdi und Aita Mari)

Der Alltag wird lahm gelegt, das Unmögliche wird scheinbar möglich gemacht um Covid 19-Tote zu verhindern. Tausende Tote an den europäischen Außengrenzen und im Mittelmeer, Opfer des Klimawandels und massiver Ausbeutung im globalen Süden werden gleichzeitig schweigend hingenommen.

Wir fordern, dass auch hier das scheinbar Unmögliche möglich gemacht wird und diese Menschenleben gerettet werden.

Wir wissen, dass die Stadt Erlangen dieses kapitalistische Gesellschaftssystem nicht abschaffen wird, aber wir fordern einen Schritt zu einer lebenswerteren Welt für ALLE!

Ein Teil der Gründer*innen der „Solidarischen Nachbarschaftshilfe“