
Erscheinungsformen des krisenhaften Normalzustandes.
Vor fast 10 Jahren haben wir das erste Mal eine Vortragsreihe unter dem Titel „Meinung Wahn Gesellschaft“ veranstaltet. Damals ging es uns darum Licht auf verschiedene Erscheinungsformen des krisenhaften Normalzustands zu werfen. Viel hat sich seitdem noch weiter zum Schlechten geändert, die Notwendigkeit grundsätzlicher gesellschaftskritischer Perspektiven ist gleich geblieben. Deshalb haben wir ab Oktober 2024 eine neue Reihe organisiert, die sich an unserem alten Ziel orientiert.
Für alle Veranstaltungen gilt ein Einlassvorbehalt: Die Veranstalter*innen behalten sich gemäß § 6 VersG/Art. 10 BayVersG vor, von ihrem Hausrecht Gebrauch zu machen und Personen, die neonazistischen Organisationen angehören, der extrem rechten Szene zuzuordnen sind oder bereits in der Vergangenheit durch antisemitische, rassistische oder nationalistische Äußerungen in Erscheinung getreten sind, den Zutritt zur Veranstaltung zu verwehren oder sie von dieser auszuschließen.
Aktuelle Termine:

Alex Schmidt & Thomas Meyer-Falk:
Zwischen Resilienz und Abgrund. Einblicke in die Welt der Gefängnisse
Vortrag
27.03. | 19:00 Uhr | Zentrum Wiesengrund, Wöhrmühle 7, Erlangen
Gefängnisse sind zerstörerische Räume. Neben physiologischen Bedürfnissen, wie Durst und Hunger, gibt es spezifisch existenzielle Bedürfnisse: Bezogenheit, Transzendierung, Verwurzeltsein, Identitätserleben, Rahmen der Orientierung, Wirkmächtigkeit. Diese existenziellen Bedürfnisse werden in Gefängnissen nicht nur nicht erfüllt, sondern systematisch unterlaufen. Der Abgrund ist oftmals nur einen kleinen Schritt entfernt, der Boden beginnt zu schwanken, im nächsten Moment droht der Sturz in die Tiefe. Wie kann es möglicherweise dennoch gelingen, Haft, egal ob wenige Stunden in Polizeigewahrsam, einige Monate in Untersuchungshaft oder Jahre in der Strafhaft, seelisch zu überleben? Was können wir selbst aktiv tun, um solche schwierigen Lebensumstände besser zu überstehen? Was können wir tun, um Menschen, die von Haft bedroht sind oder dort schon einsitzen, entsprechend zu unterstützen?
Wir wollen Euch zu Anfang Einblicke in einen aktuellen Repressionsfall geben, der große Teile der bundesdeutschen Linken seit Jahren begleitet. Die Rede ist vom sogenannten „Budapest-Komplex“. Dazu wird es von einem Sprecher des „Solikreis Nürnberg“ einen Überblick zu den Geschehnissen in Ungarn, dem sogenannten „Tag der Ehre“, der Repression in der BRD und den aktuellsten Entwicklungen rund um die verfolgten Antifas – insbesondere dem beginnenden Prozess gegen Hanna – geben. Danach wird Thomas, der Ende August 2023 nach fast drei Jahrzehnten Gefangenschaft entlassen wurde, einen Input zum Leben und Überleben in Haft geben. Im Anschluss daran wird die Arbeit des „Solikreis Nürnberg“ vorgestellt, welcher als ein Akteur die politische Unterstützungsarbeit für Hanna und auch für die anderen verfolgten Antifas organisiert. Und dann soll zusammen diskutiert, mögliche Erfahrungen geteilt und Ideen entwickelt werden: wie sieht gelingende Soliarbeit aus, was hilft um eine Haftzeit zu überstehen.

Stefan Dietl:
Die AfD und die soziale Frage
Vortrag
03.04. | 19:00 Uhr | Ort: Tab
Gerne inszeniert sich die AfD als »die Partei des kleinen Mannes«. Tatsächlich steht sie jedoch für weiteren Sozialabbau, eine weitere Umverteilung von unten nach oben und den Abbau von Arbeitnehmer*innenrechten. Zu ihrer Prgrammatik gehört neben der Hetze gegen Migrant*innen und Geflüchtete, dem Kampf gegen die Rechte von Frauen und der Diskriminierung von queeren Menschen, auch die Ausgrenzung von sozial Benachteiligten.
Stefan Dietl wirft einen genaueren Blick darauf, welche Forderungen die AfD in der Wirtschafts- und Sozialpolitik eigentlich vertritt und welche verheerenden Auswirkungen deren Umsetzung hätten.
Stefan Dietl publiziert regelmäßig zu wirtschafts-, sozial- und arbeitsmarktpolitischen Themen in der Jungle World und der Konkret. Seit ihrer Gründung beschäftigt er sich kritisch mit der Wirtschaft- und Sozialpolitik der AfD und veröffentliche dazu unter anderem das Buch „Die AfD und die soziale Frage“ im Unrast Verlag.
Vergangene Veranstaltungen:

Filmscreening und Gespräch:
Supernova. The Music Festival Massacre.
07.10. | 20:00 Uhr | Kulturzentrum E-Werk, Fuchsengarten 1, Erlangen
Dieser emotionale Dokumentarfilm ist die erste minutengenaue Chronik der traumatischen Ereignisse vom 7. Oktober 2023. Überlebende des Massakers und Ersthelfer*innen schildern in ihren erschütternden Berichten den Angriff auf das israelische Supernova-Musikfestival. Ihre Aussagen sind mit Echtzeitaufnahmen aus akribisch zusammengestellten Quellen verwoben – GoPros der Terroristen, Telefone der Opfer, Überwachungskameras, Dashcams undAufnahmen von Ersthelfer:innen. Es entsteht ein lebendiges, emotionsgeladenes Bild der albtraumhaften Tortur.
SUPERNOVA – THE MUSIC FESTIVAL MASSACRE ist nüchtern und hart. Diese unglaublichen Geschichten von Tragödie, Widerstand, Überleben und Sterben sind nicht leicht, aber umso wichtiger zu anzusehen.
Wir zeigen den Film in Kooperation mit der Initiative Kritisches Gedenken bei freiem Eintritt, im Anschluss an den Film besteht die Möglichkeit zum gemeinsamen Austausch.
Die Veranstaltung findet im Rahmen der Bildungs- und Aktionswochen gegen Antisemitismus 2024 statt.

Veronika Kracher:
Amber Heard vs. Johnny Depp. Mob-Kultur im Netz
09.10. | 19:00 Uhr | Zentrum Wiesengrund, Wöhrmühle 7, Erlangen
Jede öffentlich präsente FLINTA-Person kennt es: Drohnachrichten, Beleidigungen, sexistische und queerfeindliche Angriffe, im schlimmsten Falle Shitstorms oder großflächige, andauernde Kampagnen. Sie sind Ausdruck von Misogynie: der Strafe des Patriarchats, wenn sich FLINTA patriarchalen Anforderungen an Weiblichkeit verweigern.
Gleichzeitig dienen diese Angriffe auch immer als Warnung an andere: wenn sie sich feministisch äußern, werden sie ebenfalls als Feindbild markiert. Eine der größten misogynen Kampagnen der letzten Jahre traf die Schauspielerin Amber Heard, die von ihrem Ex-Mann Johnny Depp wegen Verleumdung verklagt wurde. Der Vortrag analysiert nicht nur die Mechanismen hinter einer Online-Kampagne, sondern setzt sie auch mittels feministischer und sozialpsychologischer Analysen in einen gesamtgesellschaftlichen Kontext und klärt über die Ideologie und Motivation der Angriffe auf: Misogynie.

Nicholas Potter:
Judenhass Underground. Antisemitismus in emanzipatorischen Subkulturen.
23.10. | 18:00 Uhr | Zentrum Wiesengrund, Wöhrmühle 7, Erlangen
Niemand will Antisemit sein. Erst recht nicht in Subkulturen und Bewegungen mit einem progressiven, emanzipatorischen Selbstbild. Judenhass geht aber auch underground – ob Rapper gegen Rothschilds, DJs for Palestine oder Punks Against Apartheid. BDS, die Boykottkampagne gegen den jüdischen Staat, will nahezu jedes Anliegen kapern, von Klassenkampf bis Klimagerechtigkeit. Altbekannte Mythen tauchen in alternativer Form wieder auf, bei Pride-Demos, auf der documenta oder beim Gedenken an den Terror von Hanau. Und viele Jüdinnen*Juden fragen sich, wo ihr Platz in solchen Szenen sein soll.
Eine Anklage mit anschließender Diskussion. Kritisch, aber konstruktiv. Und vor allem solidarisch.
Nicholas Potter: ist britisch-deutscher Journalist. Er schreibt für diverse Medien wie die taz, Jungle World, Belltower.News und Jüdische Allgemeine über die extreme Rechte, Antisemitismus, Rassismus, Subkulturen, Bewegungen und mehr.

Antifa-Café Erlangen:
Antifaschistischer Stadtrundgang
04.11. | 17:30 Uhr | Audimax, Bismarckstr. 1, Erlangen
Was geht eigentlich in Erlangen? Was sind Studentenverbindungen und warum müssen sie aufgelöst werden? Wer war eigentlich Rommel und warum ist ein ganzes Wohnheim nach ihm benannt? Welche feministischen und antifaschistischen Orte gibt es in Erlangen? Wie kann ich mich vernetzen und politisch aktiv werden?
All das und noch viel mehr könnt ihr beim antifaschistischen Stadtrundgang am 04. November erfahren. Wir starten um 17:00 Uhr auf dem Platz vor dem Audimax in der Bismarckstraße 1. Ihr erkennt uns an dem pinken Regenschirm. Der Rundgang wird ca. zwei Studen dauern, zieht Euch also entsprechend warm an. Am Ende können wir uns bei der VEfA (Veganes Essen für Alle) im Selbstverwalteten Zentrum Wiesengrund wieder aufwärmen.

Lina Dahm:
Eine schrecklich reaktionäre Familie. Radikale AbtreibungsgegnerInnen
13.11. | 19:00 Uhr | Zentrum Wiesengrund, Wöhrmühle 7, Erlangen
Antifeminismus im Allgemeinen und damit auch das Thema Schwangerschaftsabbrüche ermöglichen den Schulterschluss zwischen religiösen Hardlinern, konservativen und (extrem) rechten AkteurInnen sowie Parteien. Demonstrationen wie die „Märsche für das Leben“ offenbaren, mit welchen Leuten sich die Anti-Choice-Bewegung zusammentut, um ihre Ziele zu erreichen. Im Vortrag nimmt Lina Dahm Euch mit zu einigen zentralen Veranstaltungen dieser Bewegung, gibt Einblicke in ihre Ideologie bzw. Strategien und stellt relevante AkteurInnen jener antifeministischen Allianzen vor, die aktuell unter anderem daran arbeiten, Schwangerschaftsabbrüche zu verunmöglichen.
Lina Dahm ist freie Journalistin und Podcasterin und arbeitet seit einigen Jahren zu Antifeminismus, insbesondere zu radikalen AbtreibungsgegnerInnen. 2024 erschien ihr achtteiliger Podcast „Antifeministische Allianzen“ für den sie ihre Recherchen zu AntifeministInnen aktualisiert und neu aufbereitet hat.

Dominik Sauerer:
Von AfD, Burschis, Klangschalen und wiederkommenden Springerstiefeln. Rechte Strukturen in Erlangen
26.11. | 19:00 Uhr | Zentrum Wiesengrund, Wöhrmühle 7, Erlangen
Auch wenn sie sich aktuell in & hinter der AfD als ihren parlamentarischen Arm versammelt, ist die Extreme Rechte kein einheitlicher Block, sie besteht aus verschiedenen Strömungen, Organisationen und konkreten Akteuren. Was macht sie ideologisch aus? Welche Strukturen und Akteure sind in Erlangen, Nordbayern und darüber hinaus besonders wichtig? Wer ist mit wem vernetzt? Welche Gefahren gehen von ihnen aus? Wie können Gesellschaft und Politik darauf reagieren? Und zuletzt: Was kann eine progressive Zivilgesellschaft ihr entgegensetzen?
Der Vortrag geht diesen Fragen nach und schafft einen Raum für Austausch und Diskussionen.

Daniel Burghardt:
Elend und Emanzipation. Über die Politisierung des Leidens.
12.12. | 19:00 Uhr | Zentrum Wiesengrund, Wöhrmühle 7, Erlangen
Seit der Aufklärung werden Erfahrungen des Leidens nicht mehr als gottgewollt und unabänderlich betrachtet. Das mit Ungleichheit, Armut oder Gewalt verbundene Leid gilt von nun an als überwindbar. Die Befreiung aus dem Elend wird zu einem emanzipatorischen politischen Projekt. Gleichzeitig hat die Politisierung des Leidens eine lange Schattenseite; Denn das Leid ist politisch instrumentalisierbar: So diente die Kategorie der Verelendung dem orthodoxen Marxismus einst als Garant für die Befreiung des Proletariats. Zugleich dienen bis heute Opfernarrative autoritären Bewegungen als Begründung für ihr politisches Handeln. Der Vortrag unternimmt einen Streifzug durch Theorien des Leids von Marx und Freud über Adorno bis hin zu Butler und gemahnt gleichzeitig an die vertagte Möglichkeit das Leid abzuschaffen.

Basisgruppe Antifa:
Zum (Wieder-)Erstarken der autoritären Linken. Ein Thesenpapier.
Vortrag
17.01. | 19:00 Uhr | Zentrum Wiesengrund, Wöhrmühle 7, Erlangen
“Die Straße frei der roten Jugend”, in Reih und Glied getragene Hammer und Sichel-Fahnen – in der radikalen Linken in Deutschland hat sich etwas verändert. Gruppen mit einem positiven Bezug auf Lenin, Stalin, Mao und Trotzki spielten über Jahrzehnte in der deutschen Linken nur eine randständige Rolle, scheinen nun plötzlich “wie aus dem Nichts” wieder aufgetaucht zu sein und nehmen zunehmend inhaltlich, praktisch und kulturell einen immer größeren Raum in der radikalen Linken ein. Es ist dringend an der Zeit, sich mit ihnen inhaltlich ernsthaft auseinanderzusetzen.
Damit angefangen hat die Bremer Basisgruppe Antifaschismus. In diesem Vortrag wird ein Einblick in den vorläufigen Zwischenstand ihrer Diskussion geboten. Dabei soll nicht nur versucht werden, diese Entwicklung zu erklären, sondern sie auch vernünftig zu kritisieren und perspektivisch in ihrem Einfluss zu beschränken.

Basisgruppe Antifa:
Zum (Wieder-)Erstarken der autoritären Linken. Ein Thesenpapier.
Workshop
18.01. | 10:00 Uhr | Infoladen Sophie 94, Sophinestr. 94, Erlangen
Für alle die nach dem Vortrag noch nicht genug haben, bietet die Basisgruppe Antifaschismus am 18.01. einen tagesfüllenden Workshop zum Themenkomplex Autoritäre Linke an. Los geht es um 10:00 Uhr im Infoladen Sophie (Sophienstr. 94).